Unzulässige Doppelpfändung

Erstellt am 20. Dezember 2016

 

16-12-11-doppelpfaendung-bildWenn das Weihnachtsgeld verschwindet

› Schuldnerberater warnen vor unzulässiger Doppelpfändung

SULINGEN (hab) › Wenn auf dem eigenen Konto das Weihnachtsgeld eingeht, ist das für viele Arbeitnehmer ein freudiger Moment. Manche können sich darüber aber nur kurz freuen,
wenn das Geld zur Begleichung von Gläubigerforderungen gepfändet wird, und immer wieder kommt es dabei zu unzulässigen Doppelpfändungen.
Die Pfändung ist ein übliches Verfahren, um offene Forderungenzu begleichen, sei es in einem Insolvenzverfahren oder in der Auseinandersetzung eines Schuldners mit einem einzelnen
Gläubiger. Dafür werden vor allem zwei Wege genutzt: Zum einen kann über den Arbeitgeber des Schuldners direkt ein Teil des Gehaltes gepfändet werden und zum anderen sind Pfändungen
vom Girokonto des Schuldners möglich. Seit 2010 besteht die Möglichkeit, ein vorhandenes Girokonto in ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto, kurz P-Konto, umzuwandeln. Die Besonderheit
des P-Kontos ist, dass automatisch ein Pfändungsfreibetrag gewahrt bleibt, sodass der Kontoinhaber wenigstens darüber verfügen kann. Gehen dann Sonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld auf dem Konto ein, kann es zur Doppelpfändung kommen: Ein Teil des Gehaltes wurde bereits beim Arbeitgeber gepfändet, und wenn durch das Weihnachtsgeld der Pfändungsfreibetrag überschritten wird, hat der Kontoinhaber auf dem P-Konto darauf keinen Zugriff mehr. Diese Doppelpfändung hat der Gesetzgeber untersagt, in der Praxis kommen sie jedoch immer
wieder vor, sagt Carsten Leymann, zertifizierter Schuldner- und Insolvenzberater vom Verein für Kreditnehmer und in finanzielle Not geratene Menschen (VfK) mit Sitz in Sulingen.
Gerade Insolvenzverwalter sicherten sich gerne den Zugriff sowohl auf das Gehalt als auch auf das Konto, um auch einmalige Einkünfte verwerten zu können, schließlich würden von der
eingesammelten Masse zuerst die Kosten des Insolvenzverwalters beglichen. Daher werde oft von ihnen verweigert, den Pfändungszugriff auf das Konto aufzuheben.
Trotz der an sich eindeutigen Rechtslage kommt die Doppelpfändung in der Praxis recht häufig vor: „In einer Woche haben wir oft sieben Fälle“, so Leymann. Die Schuldner fühlten
sich oft machtlos, und oft sei ihnen auch gar nicht bekannt, dass ein solches Vorgehen nicht zulässig ist. Wenn bereits gepfändet wurde, bestehe kaum eine Möglichkeit, den gepfändeten
Betrag wieder zurückzuerlangen. Daher sollten sich Betroffene zügig kümmern, wenn ihnen die Pfändung auffällt, rät Leymann. Die richtigen Ansprechpartner dafür sind aber weder der Arbeitgeber noch die Banken, denn sie sind vom Gesetzgeber verpflichtet, die pfändbaren Beträge innerhalb vorgegebener Fristen an den Insolvenzverwalter oder den Pfändungsgläubiger
abzugeben. Stattdessen müssen sich die Betroffenen in einem Insolvenzverfahren an das zuständige Insolvenzgericht wenden, ansonsten an ein Amtsgericht. „Wir unterstützen die Betroffenen dabei“, betont Leymann, zudem gebe es vorgefertigte Anträge, um sich gegen die Doppelpfändung zu wehren und den Freibetrag auf dem P-Konto anzupassen. Der Gesetzgeber habe in diesem
Fall unsauber gearbeitet, kritisiert Leymann. „Wir versuchen hier, die Menschen zu motivieren, damit sie durchhalten und sich ihrer Verpflichtungen entledigen.“
Die Räume des VfK stehen Ratsuchenden montags bis freitags von 8.30 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung offen.